Im folgenden Artikel stelle ich klar, welche Regelungen aktuell (04/2025) für dich gelten, wenn du an einer bayerischen Schule arbeitest und dein krankes Kind zuhause betreuen musst. Anlass für diesen Artikel war eine Umfrage in einer Facebook-Lehrkräftegruppe, die definitiv dafür sprach, dass Aufklärung nötig ist.
Immer wieder taucht die Frage in meiner Beratungstätigkeit auf: Wie viele Tage darf ich eigentlich zuhause bleiben, wenn mein Kind krank ist. Und welche Nachweise muss ich bringen? Und immer wieder werde ich mit veralteten Informationen konfrontiert: Auf im Netz und in Lehrerzimmern kursierenden Flugblättern von Gewerkschaften und Verbänden, in Auskünften von Schulleitungen oder Schulämtern, und auch so hat ja jeder „dies und das“ gehört.
Ich wollte es hinsichtlich der Nachweispflicht mal genauer wissen. Denn die Wahrheit ist: Es hat sich in den letzten Jahren seit Corona tatsächlich ständig was geändert und so wirkliche Klarheit scheint keiner mehr zu haben. In einer Lehrkräfte-Facebookgruppe beantworteten 363 User folgende Frage und ich erhielt dieses Ergebnis:

Also: 253 Kolleginnen und Kollegen organisieren immer noch am ersten Krankheitstag ihres Kindes eine nicht behilfefähige ärztliche Bescheinigung, obwohl sie das gar nicht mehr müssten. Warum, werde ich im folgenden darstellen.
Voraussetzung dafür, dass man sein krankes Kind zuhause betreuen darf ist , dass es nicht älter als 12 Jahre alt oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist und niemand sonst die Betreuung übernehmen kann.
Angestellte Lehrkräfte, deren Kinder gesetzlich versichert sind, haben Anspruch auf Arbeitsbefreiung und Krankengeld von der Krankenkasse, wenn das Kind betreut werden muss. Sie bekommen kein Gehalt. Das Kinderkrankengeld beträgt in der Regel nur 90% des Nettogehalts. Als Nachweis für die Krankenkasse wird ab dem ersten Tag eine Kinderkrankschreibung bnötigt, die die Notwendigkeit der Betreuung erklärt. Geregelt ist das im Paragraph 45 im fünften Buch des Sozialgesetzbuches (§ 45 SGB V). Dort ist auch die Anzahl der Tage festgelegt, die man zuhause bleiben darf. Im Jahr 2025 sind das 15 Tage pro Kind, maximal 35 Tage wenn man mehrere Kinder hat, und für Alleinerziehende gilt das Doppelte (30 und 70 Tage). Im Jahr 2026 wird wieder zur alten Regelung zurückgekehrt. Das bedeutet, man hat dann 10 Tage, maximal 25 Tage bei mehreren Kindern, und 20 Tage sowie 50 Tage für Alleinerziehende Anspruch auf Kinderkrankengeld.
Verbeamtete Lehrkräfte haben keinen Anspruch auf Krankengeld, sondern bekommen Dienstbefreiung. Sie erhalten weiterhin ihre volle Besoldung, wenn sie ein krankes Kind betreuen müssen. Seit letztem Jahr gilt aufgrund der Angleichung an den Nachteil der Angestellten: Verbeamtete Lehrkräfte haben generell Anspruch auf Dienstbefreiung im Umfang von 80% der Tage, die Angestellte Anspruch laut SGB haben. Das bedeutet also 80% von 15 – macht 12 Tage pro Kind und höchsten 28 Tage bei mehreren Kindern. Alleinerziehende erhalten wieder das Doppelte. Für die restlichen 20 Prozent der Tage hat man Anspruch auf unbezahlten Sonderurlaub. Geregelt ist das in der Urlaubs- und Mutterschutzverordnung in Paragraph 10 Absatz 3 (UrlMV § 10 (3) Dienstbefreiung). Dort wird auch auf Paragraph 13 (Sonderurlaub) verwiesen.
Außerdem gab es im Beamtenbereich eine wirklich sinnvolle Änderung: Im Sinne der Entbürokratisierung wurde die Nachweispflicht für die Notwendigkeit einer Betreuung (Kinderkrankmeldung) an den Paragraphen 16 der UrlMV (UrlMV § 16 (2)) angepasst. Der regelt, dass man bei eigener Krankheit erst ab dem vierten Tag ein ärztliches Attest vorweisen muss. Das bedeutet: Erst ab dem vierten Tag ist nach der Verordnung eine ärztliche Bescheinigung notwendig, wenn man ein krankes Kinder zuhause versorgen muss! Aus der Begründung zur Angleichung: „Die Regelung führt zu einer Verminderung der Beihilfeausgaben sowie einer Entlastung der Arztpraxen und ist ein Beitrag zur Entbürokratisierung. Bei einem Verdacht auf Unregelmäßigkeiten oder Missbrauch kann durch den enthaltenen Verweis die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung bereits ab dem ersten Tag der Erkrankung des Kindes verlangt werden.„
Für beide Beschäftigtengruppen gibt es noch eine weitere Regelung: Wenn das Kind aus medizinischen Gründen bei einer stationären Aufnahme auf Begleitung angewiesen ist, gibt es auch dafür Krankengeld bzw. Diensbefreiung, und zwar ohne Begrenzung, und die Tage werden auch nicht auf die oben erwähnten Tage angerechnet. Aber auch hier gilt für verbeamtete Kolleg*innen die 80/20 Regelung.
Es gibt Sonderfälle: Ist ein Elternteil gesetzlich, das Kind aber mit dem anderen Elternteil privat versichert, wird es kompliziert: Der Freistellungsanspruch des privat versicherten Elternteils verdoppelt sich nicht, während der Anspruch auf Krankengeld beim gesetzlich versicherten Elternteil entfällt, weil das Kind nicht gesetzlich versichert ist. Ein tarifvertraglich vereinbarter Freistellungsanspruch bleibt aber bestehen, weil er nicht vom Versicherungsstatus des Kindes, sondern vom Beschäftigungsstatus des Elternteils abhängt. Weniger problematisch ist die Situation, wenn die Kinder mit einem Elternteil gesetzlich versichert sind, der andere Elternteil hingegen verbeamtet. Die Dienstbefreiungs- bzw. Sonderurlaubsmöglichkeiten von verbeamteten Personal mit Kindern sind unabhängig vom Versicherungsstatus der Kinder, bleiben also bestehen.
Meine Haltung: Eigentlich ist die Praxis klar geregelt – trotzdem scheint es viele verschiedene Varianten in der Umsetzung oder Nichtumsetzung an den Schularten und Schulen zu geben. Scheinbar herrscht schlicht immer noch große Unkenntnis zu diesem Thema, und zwar auf allen Ebenen. Ein paar Standpunkte von mir in Bezug auf viele Äußerungen, die ich gehört oder gelesen habe:
- Schulleitungen oder Schulämter, die eine ärztliche Bescheinigung am ersten Tag einfordern, müssen das auch begründen – einfach so geht das nicht und sollte auch keine Praxis sein.
- Es gibt für Schulleitungen von Grund- und Mittelschulen oder Schulämter aus meiner Perspektive keinen Grund, einen schriftlichen Antrag auf Dienstbefreiung einzufordern, wenn ein krankes Kind betreut werden muss. Das habe ich in meiner Schulart noch nie erlebt und ist auch nach Nachfragen an anderen Schularten keine gelebte Praxis. Der „Antrag auf Dienstbefreiung“ kann genauso wie die Bekanntgabe einer vorübergehenden Dienstunfähigkeit (Krankheit) über den gebräuchlichen Kommunikationskanal erfolgen – per Telefon, per Mail, so wie es an der Schule eben geregelt ist. Und ein „Ja, passt“ der Schulleitung reicht. Schulen müssen über die Kinderkrankentage genauso akurat Buch führen wie über die Krankheitszeiten der Kolleg*innen. Es widerspricht der Erleichterung in Sachen Bürokratie ja komplett, wenn dann ein schriftlicher Antrag eigenfordert wird.
- Jedes ärztliche Attest kostet 5,36 Euro und wird nicht von der Beihilfe erstattet. Auch aus diesem Grund und im Sinne der Gleichbehandlung kann es nicht sein, dass manche Schulen oder Schulämter immer noch meinen, den Nachweis am ersten Tag einfordern zu müssen.
- Der Zusatz „bei Verdacht auf Unregelmäßigkeit oder Missbrauch“ ist meiner Meinung nach überflüssig. Ein Hinweis auf § 16 Absatz 2 Satz 1 UrlMV hätte gereicht. Denn die Tage sind eh begrenzt, also wie bitte könnte hier denn ein Missbrauch aussehen? Ich kann dieses generelle Misstrauen nicht leiden.
- Es ist bezüglich der Anzahl der Kinderkrankentage unerheblich, ob jemand Teilzeit oder Vollzeit arbeitet.
- Niemand muss mehr am ersten Tag einer Erkankung mit dem Kind zur Arztpraxis rennen. Mittlerweile kann man die Bescheinigungen auch telefonisch anfordern und sich per Post schicken lassen. Und auch im Angestelltenbereich gibt es Bestrebungen, von der Nachweispflicht ab dem ersten Tag wegzukommen.
- Die Angleichung aufgrund einer gefühlten Ungerechtigkeit im Vergleich zwischen Beamtentum und angestellt Beschäftigten und die Beschränkung des Anspruchs auf 80% der Anzahl der Tage aus dem SGB hat die Situation für einen Großteil des verbeamteten Personals verschlechtert. Wer nämlich in seinem Jahresverdienst unterhalb der Versicherungspflichtgrenze blieb, hatte vorher kompletten Anspruch auf die Tage im SGB. Eine deutliche Verbesserung ergab sich allerdings für alle, die mehr verdienen. Denn die hatten vorher nur Anspruch auf 4 Tage Dienstbefreiung pro Kind. Da es zwischen angestelltem und verbeamteten Personal gefühlt 100 Ungerechtigkeiten gibt, ist diese Angleichung meiner Meinung nach daneben. Anspruch auf 100% Krankengeld und keinerlei Unterscheidung im Gehalt wäre weitaus gerechter gewesen.
- Ich ärgere mich immer wieder, dass geänderte durchaus gute und sinnvolle Regelungen nicht da ankommen, wo sie ankommen müssen: Bei Regierungen, Schulämtern und Schulleitungen. Verantwortung wird verschoben und „So lange da kein KMS kommt, ändern wir nichts“. Deshalb werde ich immer wieder an geeigneter Stelle anmerken, dass deutlich und transparent kommuniziert werden muss.
Was tun, wenns trotzdem weiter so gehandhabt wird? Bleib hartnäckig, belege deine Forderungen und nimm die Personalvertretungen in die Pflicht: Konfrontiere deinen Personalrat mit der Situation, der rechtlichen Lage und fordere Unterstützung ein.
Ich hoffe, dass damit die meisten Fragen geklärt werden konnten. Wir werden über unsere Gewerkschaft noch ein Flugblatt erstellen und veröffentlichen. Ich werde das dann hier auch verlinken.
Euer Flori